Online-Unterricht an der Schule für Musik

Die Corona-Pandemie hat dem kulturellen Leben nicht nur in unserem Land übel mitgespielt. Der gesellschaftliche Schaden läßt sich sicher zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht ermessen.

Dabei dürfen sich die Musikschulen nicht einmal beklagen. Im Gegensatz zu anderen Kulturträgern sind wir ja in der glücklichen Lage, unseren Job zu machen. Der digitalen Kommunikation sei es gedankt.

Aber funktioniert das auch wirklich mit dem Musizieren und Unterrichten auf Laptop, iPad und Smartphone?

 

Wenden wir uns zunächst den Dingen zu, die für den Unterricht via Skype, Zoom, FaceTime usw. sprechen.

 

Online-Unterricht ist auf jeden Fall besser als gar kein Unterricht.

Die meisten Lehrkräfte der Schule für Musik sind zunächst einmal froh darüber, dass der Instrumentalunterricht über die elektronischen Medien überhaupt stattfinden kann. Sie nehmen die Nachteile gern in Kauf. Ein kompletter Unterrichtsausfall ist für keinen Beteiligten wünschenswert. Die Schülerinnen und Schüler haben sich wie die Lehrkräfte nach einer gewissen Einarbeitungszeit auf diese Form des Unterrichts eingelassen und die Erschöpfung nach jeder Unterrichtseinheit hält sich mehr und mehr in Grenzen. Denn anstrengender ist es schon mit dem Rechner.

 

Notenlehre, Musiktheorie und (in beschränktem Maße) Verbesserung der Instrumentaltechnik sind beim Online-Unterricht durchaus machbar und sinnvoll.

 

Der Computer und die akustisch/optische Wiedergabe der Musik verlangen eine eher langsame, beruhigte Vorgehensweise.

 

Darin liegt ein unbedingt positiv zu bewertender Aspekt. In unserer schnelllebigen Zeit ist Langsamkeit eher nicht angesagt. Als erstes müssen Schüler und Lehrer lernen, dass Unterbrechungen beim Sprechen und Musizieren meistens einen technischen Kollaps hervorrufen. Also dem Gegenüber ins Wort (Spiel) fallen funktioniert nicht. Und es hilft, den anderen ausreden zu lassen und besser zu verstehen. Entschleunigung dient Mensch und Musik.

 

Online-Unterricht braucht vom Lehrenden deutlich mehr Vorbereitungszeit 

 

Beim Online-Unterricht greifen manche Routinen, die sich der Instrumentallehrer in den langen Jahren seiner Berufsausübung angeeignet hat, nicht in gewohnter Weise und man muss tatsächlich die ausgetreten Pfade der Routine hinter sich lassen. Routiniert zu arbeiten ist sicherlich ein positives Qualitätsmerkmal und deutet auf große Unterrichtserfahrung hin. Aber sich auf Neues einzulassen, etwas Neues auszuprobieren bedarf ein Mehr an Planung, wenn man Erfolg damit haben will. So müssen die Lernziele neu gesteckt, die Methode hinterfragt und die Medien neu bedacht und geplant werden. Natürlich bedeutet das für die Instrumentallehrerin und den Instrumentallehrer einen erheblichen Mehraufwand, der sich nicht unbedingt im Honorar widerspiegelt. Trotzdem lohnt sich diese zusätzliche Arbeitszeit für den Lehrenden. So hat sich gezeigt, dass die Kommunikationsschwierigkeiten, die das Unterrichten mit Computer und Mikrofon  mit sich bringen, nach ganz individuellen Lösungen verlangen, was sicher die Verhaltensweisen im Präsenzunterricht nachhaltig befruchten kann.

 

 

Was sind die Nachteile beim Online-Unterricht?

 

Alle Kolleginnen und Kollegen beklagen beim Online-Unterricht die schwankende Qualität der akustischen und optischen Übertragung.

 

Ob man mit diesen Einschränkungen leben kann, hängt von mehreren Faktoren ab: 

  1. dem technischen Equipment 
  2. der Auslastung und der Übertragungsgeschwindigkeit des Netzes 
  3. der Toleranz der teilnehmenden Personen gegenüber den Mängeln der akustischen und optischen Übertragung

Und trotz guter technischer Ausrüstung, trotz schnellem Internet und trotz stoischer Ruhe in Bezug auf die tonliche Qualität der akustischen Übertragung kann der Online-Unterricht dem gehobenen, professionellen Ansprüchen und dem Wunsch nach gehobener Tonkultur nur bedingt genügen. Instrumentalunterricht unter Zuhilfenahme der Computertechnologie bleibt ein Kompromiss für eine mehr oder weniger absehbare Zeit.

 

Guter Unterricht braucht persönliche Nähe und Zusammenspiel.
Beim Online-Unterricht spürt man meistens nicht, wie es der Schülerin oder dem Schüler geht. Die Nähe und der persönliche Austausch bleibt doch ein wenig auf der Strecke. Es wird weniger gelacht, und alles ist zwar effizienter aber auch zweckorientierter und "geschäftsmäßiger". 
Das Zusammenspiel der Schülerin/des Schülers mit der Lehrerin/ dem Lehrer ist aus erwähnten Gründen nicht möglich. Und das ist natürlich für den Instrumentalunterricht ein echtes Handicap.
Aus diesen Gründen lehnen manche Schülerinnen und Schüler, aber auch einige Lehrkräfte unserer Musikschule den Online-Unterricht ab und hoffen darauf, dass es in naher Zukunft wieder möglich ist, in Präsenz zu unterrichten.
Fazit
Online-Unterricht hat nach unserer Erfahrung trotz der genannten Probleme seine Berechtigung und bietet während der nun schon über ein Jahr andauernden Corona-Pandemie eine tatsächliche Alternative zum Präsenzunterricht. Die meisten Lehrerinnen und Lehrer, aber auch die überwiegende Zahl unserer Schülerinnen und Schüler nehmen diese, für die Schule für Musik e.V. neue Art des Unterrichtens gerne an. Das Lehrerkollegium und die Schulleitung denken sogar darüber nach, ob auch in Zeiten ohne die Bedrohung durch ein hochansteckendes Virus das instrumentale Lernen via Skype und Co. eine Alternative bleiben kann.
Es gibt sicher mehrere Szenarien, wo Präsenzunterricht aus irgendwelchen Gründen nicht stattfinden und Online weitergeführt werden kann. Zum Beispiel könnte Unterricht trotz Umzug an einen anderen Ort beim favorisierten Instrumentallehrer weiter aufrecht erhalten werden. Im weniger ernsten Krankheitsfall könnte eine Musikschüler oder eine Musikschülerin weiter instrumental versorgt werden...
PS. Die Online-Medien haben es uns ermöglicht, dass der Instrumentalunterricht auch während des "harten Lockdowns" weitergeführt werden konnte. Viele Kolleginnen und Kollegen, aber auch fast alle Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit genutzt und sich auf diese Art des Unterrichts eingelassen. Letztlich ist dadurch die Existenz der Schule für Musik e.V. gewährleistet und gesichert worden. Allen Beteiligten gilt unser aufrichtiger Dank.
Ferdinand Heggemann